Finger weg von Fingerprint? Warum die Stempeluhr oft die rechtssichere Wahl ist

Stell dir vor, du stehst morgens vor deinem Büro. Links hängt ein klassischer Schlüsselbund mit dem firmeneigenen Türschlüssel. Rechts ein moderner Fingerabdruck-Scanner, der die Tür nur mit deiner Berührung öffnet. Beide lösen dasselbe Problem – du kommst rein. Aber rechtlich trennen sie Welten. Während der Schlüsselbund ein simples Werkzeug ist, wird der Fingerabdruckscanner in der Arbeitswelt zum Minenfeld aus Datenschutz, Grundrechten und Arbeitsrecht. Genau hier liegt die Crux vieler kleiner Betriebe: Sie wollen Zeiterfassung modernisieren, viele kleine Betriebe wollen ihre Fingerprint Zeiterfassung rechtssicher Stempeluhr gestalten und stolpern dabei über die rechtlichen Fallstricke – dabei ist oft die klassische Stempeluhr die bessere Wahl.
Seit dem EuGH-Urteil zur Zeiterfassung vom Mai 2019 bist du als Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten deiner Mitarbeiter systematisch zu erfassen. Das löste eine Flut an Fragen aus: Was ist rechtssicher? Was schützt vor Abmahnungen? Und warum sorgen gerade Fingerprints für so viel Ärger? Die Antwort ist simpler als gedacht: Die gute alte Stempeluhr oder eine Chipkarte sind in den meisten Fällen die rechtlich sauberste Lösung – ohne Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)-Alptraum und ohne Grundrechtseingriff.
In diesem Artikel zeige ich dir, warum biometrische Zeiterfassung auf dünnem Eis steht, welche rechtlichen Fallstricke dich erwarten und warum herkömmliche Systeme die stressfreiere Wahl sind. Du bekommst praktische Tipps für die Umsetzung und eine klare Entscheidungshilfe für deinen Betrieb.
Inhaltsverzeichnis
- Was das EuGH-Urteil vom Mai 2019 bedeutet
- Warum Fingerprints rechtlich auf dünnem Eis stehen
- Die Alternative: Stempeluhren und Chipkarten
- Wann Fingerprints vielleicht doch gehen – und warum das Risiko bleibt
- Praktische Umsetzung: So bleiben Sie rechtssicher
- Kosten und Aufwand im Vergleich
- FAQ
- Fazit
Was das EuGH-Urteil vom Mai 2019 bedeutet
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 14. Mai 2019 (C-55/18) klar gemacht: Arbeitgeber müssen ein System zur Arbeitszeiterfassung nutzen. Das klang zunächst nach einer Pflicht zur Digitalisierung. Doch die Richter legten keine technische Vorgabe fest – sie verlangten nur ein „objektives, zuverlässiges und zugängliches System“. Das kann eine App sein, eine Excel-Tabelle oder eben die klassische Stempeluhr.
Laut Haufe hat das deutsche Gesetz noch keine konkrete Umsetzung dieses Urteils vorgenommen. Das bedeutet für dich als Betriebsleiter: Du hast Spielraum, musst aber die rechtlichen Grundlagen beachten. Das Bundesurlaubsgesetz und das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) verlangen bereits jetzt eine Zeiterfassung, die Manipulationen ausschließt. Doch wie du das machst, bleibt dir überlassen.
Das Urteil hat eine Debatte entfacht: Viele Betriebe dachten, jetzt müsse endlich alles digital und hochmodern werden. Doch genau hier liegt der Hund begraben. Je moderner und biometrischer das System, desto höher der rechtliche Aufwand. Der EuGH hat zwar die Pflicht zur Zeiterfassung bekräftigt, aber er hat nicht gesagt, dass du dafür sensible Daten erheben darfst. Im Gegenteil: Die DSGVO steht dir bei biometrischen Daten massiv im Weg.
Für kleine Betriebe mit 5 bis 50 Mitarbeitern ist das entscheidend: Du hast weder ein Rechtsteam noch Ressourcen für teure Rechtsstreitigkeiten. Du brauchst eine Lösung, die morgen funktioniert und keine Abmahnungen nach sich zieht. Die gute Nachricht: Die klassische Stempeluhr erfüllt alle Anforderungen des EuGH – objektiv, zuverlässig, zugänglich. Und das ohne Datenschutz-Folgenabschätzung oder Betriebsratshürden.
„Arbeitgeber sind nach dem EuGH-Urteil vom 14. Mai 2019 (C-55/18) zukünftig verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung zu verwenden.“ – Laut Haufe
Diese Pflicht ist unstrittig. Die Frage ist nur: Welches System wählst du? Die Antwort ist für die meisten kleinen Betriebe eindeutig: Finger weg von biometrischen Daten. Bleib bei den Basics.
Warum Fingerprints rechtlich auf dünnem Eis stehen
Fingerprints sind biometrische Daten. Und biometrische Daten sind nach Art. 9 DSGVO besondere Kategorien personenbezogener Daten. Das bedeutet: Sie genießen den höchsten Schutz. Du darfst sie nur unter engsten Voraussetzungen verarbeiten. Die Zeiterfassung ist in der Regel kein Grund dafür.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in einem richtungsweisenden Urteil klare Kante gezeigt: Die Richter stufen Fingerprint-Zeiterfassung als erheblichen Eingriff in die Grundrechte ein. Laut Haufe argumentierten die Richter, dass die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen durch die Verwendung biometrischer Daten massiv beeinträchtigt würden.
Was macht Fingerprints so problematisch?
1. Unveränderbarkeit: Du kannst deinen Fingerabdruck nicht wechseln wie einen Passwort. Wenn die Daten einmal kompromittiert sind, bleibt der Schaden lebenslang.
2. Grundrechtseingriff: Die Erhebung biometrischer Daten berührt Art. 2 GG (Recht auf informationelle Selbstbestimmung) und Art. 1 GG (Menschenwürde). Das ist kein Formalie, sondern Kern des deutschen Datenschutzes.
3. Keine Verhältnismäßigkeit: Der Zweck (Zeiterfassung) lässt sich mit weniger invasiven Mitteln erreichen. Das ist der Knackpunkt. Die DSGVO verlangt, dass du die datenschutzfreundlichste Lösung wählst.
Eine FAZ-Meldung betont: Der Einsatz von Fingerprint-Scannern zur Arbeitszeiterfassung ist rechtlich stark eingeschränkt. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass die bloße Möglichkeit von Missbrauch (z.B. Kollegen, die füreinander stempeln) keine Rechtfertigung für biometrische Daten ist.
Die Einwilligungsfalle
Viele Arbeitgeber denken: „Dann lasse ich die Mitarbeiter halt einwilligen.“ Doch das ist ein Trugschluss. Laut Haufe ist eine Einwilligung nach DSGVO nur wirksam, wenn sie freiwillig ist. Im Arbeitsverhältnis liegt das nicht vor. Der Arbeitnehmer steht in einem Abhängigkeitsverhältnis. Er kann nicht frei entscheiden, wenn du als Chef sagst: „Entweder du gibst deinen Fingerabdruck oder ...“
Die Folge: Die Einwilligung ist unwirksam und du verarbeitest Daten illegal. Das kann zu Bußgeldern bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des Jahresumsatzes führen. Für einen kleinen Betrieb existenzbedrohend.
Fazit dieses Abschnitts: Fingerprints sind juristisches Nitroglyzerin. Du brauchst einen extrem guten Grund und selbst dann bleibt das Risiko hoch. Für 99 % der kleinen Betriebe lohnt sich das Risiko nicht.
Die Alternative: Stempeluhren und Chipkarten
Stempeluhren und Chipkarten sind die unterschätzten Helden der Zeiterfassung. Sie erfüllen alle rechtlichen Anforderungen, sind datenschutzkonform und verursachen keine Grundrechtsdebatten. Warum? Weil sie keine biometrischen Daten erheben.
Was macht sie rechtssicher?
- Keine besonderen Kategorien: Eine Chipkartennummer oder ein Stempelabdruck ist nicht sensibel nach DSGVO. Du verarbeitest normale personenbezogene Daten.
- Verhältnismäßigkeit: Sie erfüllen den Zweck (Zeiterfassung) ohne über das Ziel hinauszuschießen.
- Betriebsrat: Bei diesen Systemen ist die Zustimmung des Betriebsrats zur Zeiterfassung deutlich einfacher zu bekommen. Oft entfällt die Mitbestimmung komplett.
Laut Haufe reichen herkömmliche Systeme wie Stempelkarten oder Chips in der Regel vollkommen aus. Die Tatsache, dass vereinzelt Missbrauch möglich ist (z.B. durch „mitstempeln“), rechtfertigt keinen Einsatz von Fingerprint-Scannern.
Praktische Vorteile für kleine Betriebe
- Sofort einsatzbereit: Keine aufwendige Datenschutz-Folgenabschätzung nötig
- Geringe Kosten: Anschaffung und Betrieb sind deutlich günstiger
- Keine Einwilligungen: Du musst keine Mitarbeiter um Erlaubnis fragen
- Rechtssicherheit: Keine Grundrechtsverletzungen, keine DSGVO-Artikel-9-Probleme
| Kriterium | Fingerprint-System | Stempeluhr / Chipkarte |
|---|---|---|
| Rechtliche Risiken | Hoch (DSGVO Art. 9, Grundrechte) | Sehr gering |
| Einwilligung nötig | Ja, und sie muss freiwillig sein | Nein |
| Betriebsrat | Zustimmung schwierig | Zustimmung einfach oder entfällt |
| Missbrauchspotenzial | Theoretisch gering | Geringfügig höher, aber irrelevant |
| Kosten | Hoch (Technik, Rechtsberatung) | Niedrig |
Die Tabelle zeigt: Die scheinbaren Vorteile von Fingerprint (höhere Sicherheit gegen Missbrauch) wiegen den juristischen Mehraufwand nicht auf. Gerichte sehen das genauso.
Wichtig: Du musst das System nur so sicher gestalten, dass der normale Missbrauch verhindert wird. Eine 100 %-ige Sicherheit ist weder gefordert noch realistisch. Eine Chipkarte mit Foto und gelegentlichen Stichproben durch den Vorgesetzten reicht vollkommen aus.
Wann Fingerprints vielleicht doch gehen – und warum das Risiko bleibt
Es gibt Ausnahmen, wo Fingerprint-Zeiterfassung durchgehen könnte. Aber selbst hier bleibt das Risiko hoch und der Aufwand enorm.
Konkreter Missbrauchsverdacht
Das LAG Berlin-Brandenburg lässt eine Fingerprint-Lösung nur zu, wenn ein konkreter Missbrauchsverdacht vorliegt. Das heißt nicht: „Ich habe ein Gefühl, dass manche Kollegen füreinander stempeln.“ Das heißt: Du musst Beweise haben, dass systematischer Betrug stattfindet und dass herkömmliche Maßnahmen versagt haben.
Selbst dann ist die Verhältnismäßigkeit fraglich. Laut Haufe ist die Tatsache, dass vereinzelt Missbrauch möglich ist, keine Rechtfertigung. Du brauchst mehr als eine vage Befürchtung.
Freiwillige Einwilligung – die Illusion
Theoretisch könnten alle Mitarbeiter freiwillig einwilligen. Praktisch ist das im Arbeitsverhältnis fast unmöglich nachzuweisen. Die FAZ zitiert das Urteil: Der Eingriff in Grundrechte ist so hoch, dass selbst eine Einwilligung kaum ausreicht.
Und selbst wenn alle einwilligen: Was ist mit neuen Mitarbeitern? Was, wenn jemand seine Einwilligung zurückzieht? Dann brauchst du ein alternatives System – und plötzlich hast du zwei Systeme parallel laufen.
Branchenspezifische Ausnahmen
In Hochsicherheitsbereichen (Atomkraftwerke, Forschungslabore) könnte die Sicherheitsanforderung so hoch sein, dass biometrische Daten gerechtfertigt sind. Aber auch hier ist Zeiterfassung nur ein Nebenaspekt. Der Hauptzweck ist Zugangskontrolle.
Für deinen Handwerksbetrieb, dein Kanzlei-Büro oder dein Ladengeschäft gilt: Keine Chance. Die Verhältnismäßigkeit ist nicht gegeben.
Bulletpoint-Zusammenfassung der Ausnahmen:
- Konkreter Missbrauchsverdacht mit Beweisen (nicht nur Verdacht)
- Hochsicherheitsbereiche mit Zugangskontrolle (nicht nur Zeiterfassung)
- Freiwillige Einwilligung aller Mitarbeiter (praktisch unrealistisch)
- Keine Alternative möglich (was bei Zeiterfassung nie zutrifft)
Selbst in diesen Fällen empfehlen Datenschützer: Finger weg. Das Risiko überwiegt den Nutzen. Eine Studie des IAB zeigt, dass die meisten Betriebe mit klassischen Systemen sehr zufrieden sind und keine Compliance-Probleme haben.
Praktische Umsetzung: So bleiben Sie rechtssicher
Du willst handlungsfähig sein? Hier ist dein Stufenplan für eine rechtssichere Zeiterfassung ohne juristisches Glücksspiel.
Schritt 1: Systemwahl treffen
Entscheide dich für eine Chipkartenlösung oder eine digitale Stempeluhr mit PIN. Beide sind:
- DSGVO-konform ohne Einwilligung
- Günstig in Anschaffung (ab 200 Euro)
- Sofort einsatzbereit
Vermeide Systeme, die biometrische Merkmale erheben – auch wenn der Anbieter verspricht, die Daten „nur lokal“ zu speichern. Das spielt keine Rolle. Schon die Erhebung ist problematisch.
Schritt 2: Betriebsrat informieren
Auch wenn keine Mitbestimmungspflicht besteht: Informiere den Betriebsrat frühzeitig. Das verhindert spätere Konflikte. Zeige ihm, dass ihr keine sensiblen Daten erhebt und das System DSGVO-konform ist.
Schritt 3: Mitarbeiter transparent informieren
Erstelle eine kurze Datenschutzerklärung für die Zeiterfassung:
- Welche Daten erfasst werden (Chip-ID, Zeitstempel)
- Wo sie gespeichert werden (Server in Deutschland/EU)
- Wer Zugriff hat (nur HR, Vorgesetzte)
- Wie lange sie aufbewahrt werden (max. 2 Jahre nach Ausscheiden)
Das ist Pflicht nach Art. 13 DSGVO und schafft Vertrauen.
Schritt 4: Technische Sicherheit
Selbst bei unsensiblen Daten brauchst du technische Maßnahmen:
- Verschlüsselte Datenübertragung (HTTPS)
- Passwortgeschützter Server-Zugang
- Regelmäßige Sicherheitsupdates
Das ist Standard und kostet kaum Aufwand.
Schritt 5: Dokumentation
Führe ein Verfahrensverzeichnis nach Art. 30 DSGVO. Das klingt aufwändiger als es ist. Für eine Chipkarten-Lösung reicht eine halbe Seite:
- Zweck der Verarbeitung
- Kategorien der Daten
- Empfänger
- Löschfristen
Bulletpoint-Checkliste für die Einführung:
- [ ] System ohne biometrische Merkmale gewählt
- [ ] Betriebsrat informiert (schriftlich)
- [ ] Datenschutzerklärung erstellt & Mitarbeitern übergeben
- [ ] Technische Sicherheit geprüft
- [ ] Verfahrensverzeichnis geführt
Das wars. Keine Dokumentationspflicht über das übliche Maß hinaus, keine Datenschutz-Folgenabschätzung, keine Aufsichtsbehörde informieren, keine Einwilligungen sammeln. Du bist rechtssicher unterwegs.
Kosten und Aufwand im Vergleich
Die Kosten sind oft der ausschlaggebende Punkt für kleine Betriebe. Hier die realistische Rechnung.
Anschaffungskosten
Fingerprint-System:
- Hardware: 500–1.500 Euro pro Scanner
- Software-Lizenz: 200–500 Euro/Jahr
- Rechtsberatung: 1.000–3.000 Euro (zwingend nötig)
- Datenschutz-Folgenabschätzung: 500–2.000 Euro
- Gesamt erstes Jahr: 2.200–7.000 Euro
Stempeluhr / Chipkarte:
- Hardware: 200–800 Euro
- Software-Lizenz: 100–300 Euro/Jahr
- Rechtsberatung: 0–500 Euro (optional)
- Gesamt erstes Jahr: 300–1.600 Euro
Der Preisunterschied ist enorm – und das ohne die versteckten Kosten von Fingerprint-Systemen (Bußgelder, Rechtsstreitigkeiten).
Zeitaufwand
Fingerprint:
- 20+ Stunden für Rechtsprüfung & Dokumentation
- Gespräche mit Betriebsrat (mehrere Sitzungen)
- Mitarbeiterschulung & Einwilligungsmanagement
- Regelmäßige Überprüfung der Rechtsprechung
Stempeluhr:
- 2 Stunden für Einrichtung
- 1 Stunde für Datenschutzerklärung
- Fertig
Langfristige Risiken
Bei Fingerprint drohen:
- Bußgelder (bis 20 Mio. Euro oder 4 % Umsatz)
- Arbeitsgerichtsprozesse
- Image-Schaden („mein Chef will meinen Fingerabdruck“)
- Technische Obsoleszenz (bei Gesetzesänderung)
Bei Stempeluhren: Keine Risiken. Das System ist seit Jahrzehnten bewährt und juristisch unangefochten.
Blockquote zur Kosten-Nutzen-Relation:
„Die Tatsache, dass vereinzelt ein Missbrauch von Zeiterfassungssystemen durch Falscheintragungen oder im Falle einer Stempelkarte durch 'mitstempeln' durch Kollegen auftreten könne, mache eine Kontrolle per Fingerprint nicht nötig.“ – LAG Berlin-Brandenburg, zitiert bei Haufe
Das Gericht sagt also: Der Mehrwert von Fingerprint rechtfertigt die Kosten und Risiken nicht.
FAQ
Darf ich Mitarbeiter zwingen, ihren Fingerabdruck zu geben?
Nein, absolut nicht. Das ist der Kernpunkt mehrerer Urteile. Laut Haufe ist eine Einwilligung nur wirksam, wenn sie freiwillig ist. Im Arbeitsverhältnis ist das praktisch nie der Fall. Der Arbeitnehmer steht in einem Abhängigkeitsverhältnis. Wenn du als Arbeitgeber sagst: „Entweder du stimmst zu oder ...“, ist die Einwilligung unwirksam. Du würdest gegen Art. 9 DSGVO verstoßen und riskierst empfindliche Bußgelder. Zudem ist es ein Eingriff in die Menschenwürde (Art. 1 GG), der nur unter allerengsten Voraussetzungen zulässig ist.
Was passiert, wenn ein Mitarbeiter seine Einwilligung zurückzieht?
Das ist das nächste Problem. Selbst wenn alle Mitarbeiter anfangs einwilligen – was schon fraglich ist – können sie die Einwilligung jederzeit widerrufen. Ohne Begründung, ohne Frist. Dann musst du ein alternatives System bereitstellen. Das bedeutet: Du brauchst parallel ein zweites Zeiterfassungssystem. Das ist technisch aufwändig, teuer und verwaltungstechnisch ein Albtraum. Oder du musst den Mitarbeiter weiterhin mit dem alten System erfassen – dann hast du aber trotzdem die Kosten und den Aufwand für das Fingerprint-System. Kurz: Es macht keinen Sinn.
Reicht eine Stempelkarte wirklich aus, um Missbrauch zu verhindern?
Ja, vollkommen. Die Rechtsprechung ist eindeutig. Das LAG Berlin-Brandenburg hat klargestellt, dass die Möglichkeit von gelegentlichem Missbrauch (z.B. „mitstempeln“) keine Rechtfertigung für biometrische Daten ist. Laut Haufe reichen herkömmliche Systeme in der Regel aus. Du musst nur nachweisen können, dass du ein System hast, das Manipulationen erschwert. Eine Chipkarte mit Foto und gelegentlichen Kontrollen reicht dafür vollkommen aus.
Muss ich die Aufsichtsbehörde informieren, wenn ich eine Stempeluhr einführe?
Nein, in der Regel nicht. Bei Systemen ohne biometrische Daten ist keine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) nötig und die Informationspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde entfällt. Du musst lediglich dein Verfahrensverzeichnis nach Art. 30 DSGVO führen und die Mitarbeiter nach Art. 13 DSGVO informieren. Das ist eine Frage von Minuten, nicht von Wochen. Bei Fingerprint-Systemen wäre eine DSFA zwingend nötig und die Aufsichtsbehörde müsste informiert werden – mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand.
Fazit
Die Entscheidung ist einfacher als sie scheint: Finger weg von Fingerprint, setz auf Stempeluhr. Die rechtlichen Risiken biometrischer Systeme überwiegen bei Weitem den marginalen Sicherheitsgewinn. Seit dem EuGH-Urteil vom Mai 2019 musst du zwar Zeiten erfassen, aber du darfst dafür nicht in Grundrechte eingreifen oder gegen die DSGVO verstoßen.
Die Stempeluhr oder Chipkarte ist die rechtssichere Wahl für kleine Betriebe. Sie ist günstig, sofort einsatzbereit und juristisch unangefochten. Du brauchst keine Einwilligungen, keine aufwändigen Datenschutz-Folgenabschätzungen und kein teures Rechtsteam.
Wenn du als Geschäftsführer oder HR-Leiter eines Betriebs mit 5 bis 50 Mitarbeitern eine Zeiterfassung einführen oder modernisieren willst, dann wähle das System, das seit Jahrzehnten bewährt ist. Die Zeit, die du mit Rechtsfragen verbringen würdest, investiere besser in dein Kerngeschäft. Deine Mitarbeiter werden es dir danken – und dein Anwalt auch.
Der nächste logische Schritt: Prüfe dein aktuelles Zeiterfassungs-Setup. Wenn du noch kein systematisches Verfahren hast, entscheide dich für eine Chipkarten-Lösung und informiere den Betriebsrat in der nächsten Sitzung. Wenn du bereits ein Fingerprint-System nutzt, lass es juristisch prüfen und plane den Umstieg. Besser heute als morgen unter Bußgeldandrohung.
Hinweis: Alle Inhalte dieses Artikels wurden nach bestem Wissen recherchiert und die genannten Quellen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sorgfältig geprüft. Der Beitrag ersetzt keine individuelle Rechts- oder Steuerberatung; für eine verbindliche Einschätzung wende dich bitte an eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt oder deine Steuerberatung.

