3 Zeiterfassungs-Fehler, die dir bei der nächsten Betriebsprüfung richtig wehtun

Stell dir vor, du fährst Auto ohne Tacho und ohne Navigationsgerät. Du kommst irgendwo an, weißt aber nicht, wie schnell du warst, welche Strecke du zurückgelegt hast und ob du dabei irgendwo geblitzt wurdest. Genau so fühlt sich eine fehlerhafte Arbeitszeiterfassung für deinen Betrieb an – und genau hier entstehen typische Zeiterfassung Fehler bei der Betriebsprüfung: Du zahlst Löhne und Gehälter, aber beim Finanzamt fehlen die Beweise. Und wenn die Betriebsprüfung kommt, wird das schnell teuer. Denn laut Haufe sind gerade Fehler beim Arbeitsentgelt und in der Zeiterfassung ein klassischer Prüfschwerpunkt, der kleinen Unternehmen das Leben schwer macht.
Die Zeiterfassung ist laut dem GoBD-Leitfaden der IHK kein isoliertes Thema mehr. Sie gehört zu den "Vor- und Nebensystemen" wie Lohnbuchführung oder Kassensystem – und unterliegt damit den gleichen strengen Aufbewahrungs- und Dokumentationspflichten. Wer hier pfuscht, riskiert nicht nur Ärger mit dem Finanzamt, sondern auch verworfene Buchführungen und Schätzungsbefugnisse für die Prüfer. Für kleine Betriebe mit 5 bis 50 Mitarbeitenden kann das existenzbedrohend sein.
In diesem Artikel zeige ich dir die drei größten Zeiterfassungs-Fehler, die bei der nächsten Betriebsprüfung richtig wehtun – und was du dagegen tun kannst.
Inhaltsverzeichnis
1. Lückenhafte Zeiterfassung: Der GoBD-Killer
2. Falsches Entgeltfortzahlung: Wenn Krankheit und Urlaub teuer werden
3. Zuschläge und Sonderleistungen: Die vergessenen Kosten
4. Manuelle Stundenzettel: Systematische Fehlerquelle
5. Betriebsprüfung: Was Prüfer wirklich prüfen
6. FAQ
7. Fazit
Lückenhafte Zeiterfassung: Der GoBD-Killer
Die GoBD – Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – sind seit Jahren in aller Munde. Doch was viele Geschäftsführer kleiner Betriebe nicht wissen: Die Zeiterfassung ist ein GoBD-relevantes System. Das bedeutet: Wenn deine Zeiterfassung lückenhaft, unvollständig oder nicht zeitnah ist, kann das schwerwiegende Folgen haben.
Laut dem GoBD-Leitfaden der IHK zählt die Zeiterfassung explizit zu den "Vor- und Nebensystemen", die unter die GoBD fallen. Dazu gehören auch Lohnbuchführung, Kassensysteme oder Warenwirtschaft. Entscheidend ist nicht, ob das System direkt in die Finanzbuchführung eingebunden ist, sondern dass es Geschäftsvorfälle dokumentiert, die steuerlich relevant sind.
Was "lückenhaft" wirklich bedeutet
Ein klassischer Fehler: Mitarbeitende vergessen sich ein- oder auszustempeln. Mal fehlt die Mittagspause, mal wird eine Überstunde nicht erfasst. Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Die GoBD verlangen eine lückenlose, zeitnahe und unveränderbare Erfassung. Fehlende Zeitdaten sind Lücken. Und Lücken bedeuten: Die Buchführung kann als fehlerhaft gelten.
"Die Nichtbeachtung der GoBD führt bei strenger Anwendung des zeitlichen Geltungsbereichs zu Fehlerhaftigkeit der Buchführung, die eine Verwerfung der Buchführung nach sich ziehen kann und Schätzungsbefugnisse eröffnet."
Dieses Zitat aus dem GoBD-Leitfaden macht die Gefahr deutlich: Der Prüfer darf schätzen, was er nicht nachweisen kann. Und er schätzt nicht zu deinen Gunsten.
Die finanziellen Folgen
Wenn das Finanzamt Schätzungsbefugnisse erhält, kann es fehlende Arbeitszeiten und Zuschläge pauschal hochrechnen und darauf basierend Sozialversicherungsbeiträge, Lohnsteuer sowie Zinsen nachfordern. Schon kleine Abweichungen pro Mitarbeitendem summieren sich dabei schnell zu fünfstelligen Beträgen – insbesondere, wenn der Prüfer mehrere Jahre rückwirkend betrachtet. Für kleine Betriebe mit knapper Liquidität kann das zur echten Belastungsprobe werden.
Falsches Entgeltfortzahlung: Wenn Krankheit und Urlaub teuer werden
Der zweite große Fehler betrifft die Berechnung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsentgelt. Laut Haufe gehören falsche Berechnungen hierzu zu den häufigsten Betriebsprüfungs-Befunden. Und der Grund ist fast immer eine unvollständige Zeiterfassung.
Die klassischen Berechnungsfehler
Viele Arbeitgeber berechnen das Entgeltfortzahlung nur auf Basis des Grundlohns. Provisionen, Boni oder regelmäßige Zuschläge bleiben außen vor. Das ist falsch. Das Gesetz verlangt, das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten 13 Wochen zugrunde zu legen. Ohne lückenlose Zeiterfassung fehlen die Daten dafür.
Ein weiterer Fallstrick: Arbeit auf Abruf. Wenn du mit Mitarbeitenden keine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbarst, gilt gesetzlich eine fiktive Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche. Diese muss auch dann vergütet werden, wenn keine Arbeit anfällt – und zwar in allen Zweigen der Sozialversicherung. Laut Haufe wird dies in Betriebsprüfungen immer wieder aufgedeckt.
Warum Prüfer hier genau hinschauen
Das Finanzamt prüft systematisch:
- Ob alle Entgeltbestandteile in die 13-Wochen-Berechnung einfließen
- Ob bei Arbeit auf Abruf die fiktiven 20 Stunden berücksichtigt wurden
- Ob Urlaubsentgelt korrekt aus den tatsächlichen Zuschlägen errechnet wurde
Fehlt die Zeiterfassung oder ist sie unvollständig, kann der Prüfer die fehlenden Daten schätzen – und das tut er typischerweise zu Lasten des Arbeitgebers.
Tabelle: Was muss in die Entgeltfortzahlung rein?
| Entgeltbestandteil | In 13-Wochen-Durchschnitt? | Prüfer-Fokus |
|---|---|---|
| Grundlohn | Ja | Hoch |
| Provisionen | Ja | Sehr hoch |
| Nachtarbeit-Zuschlag | Ja | Hoch |
| Weihnachtsgeld | Nein (einmalig) | Mittel |
| Spesen | Nein | Gering |
Zuschläge und Sonderleistungen: Die vergessenen Kosten
Der dritte große Fehler ist die unvollständige Dokumentation von Zuschlägen und Sonderleistungen. Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Bereitschaftsdienste – all das muss lückenlos erfasst werden. Und zwar nicht nur zur korrekten Entlohnung, sondern auch zur Nachweispflicht gegenüber dem Finanzamt.
Welche Zuschläge betroffen sind
Prüfer kontrollieren besonders häufig:
- Nachtarbeit-Zuschläge (20-25% je nach Tarif)
- Sonntagszuschläge (50% oder Ausgleichstag)
- Bereitschaftsdienste (unterschiedliche Anrechnung)
- Überstunden (Ausgleich oder Zuschlag)
Wenn diese Zeiten nicht erfasst sind, kann der Prüfer annehmen, dass sie nie geleistet wurden – oder aber er schätzt sie pauschal hoch. Beides ist für dich nachteilig.
Der Nachweis in der Betriebsprüfung
In der Betriebsprüfung musst du beweisen können:
- Wann genau die Sonderzeiten anfielen
- Dass sie korrekt vergütet wurden
- Dass sie in die Sozialversicherungsmeldungen eingeflossen sind
Ohne digitale Zeiterfassungssoftware wird das zum Glücksspiel. Papierzettel gehen verloren, sind unleserlich oder werden erst Tage später ausgefüllt – was die Glaubwürdigkeit vor dem Prüfer massiv schwächt.
Manuelle Stundenzettel: Systematische Fehlerquelle
Manuelle Stundenzettel sind die beliebteste Fehlerquelle in kleinen Betrieben. Laut Haufe werden diese oft erst Tage später ausgefüllt – oder von Mitarbeitenden, die nicht wissen, was genau sie dokumentieren sollen.
Die typischen Probleme
- Zeitverzug: Mitarbeitende tragen Zeiten erst am Freitag oder sogar erst in der nächsten Woche ein
- Unklarheit: Es ist nicht definiert, welche Tätigkeiten auf welcher Kostenstelle gebucht werden
- Unleserlichkeit: Handschriftliche Einträge sind oft nicht zu entziffern
- Manipulation: Nachträgliches Ändern ist einfach und kaum nachvollziehbar
Diese Punkte verstoßen gegen die GoBD-Anforderungen an Zeitnahekeit, Unveränderbarkeit und Vollständigkeit. Ein Prüfer wird solche Belege als nicht glaubwürdig einstufen.
Warum digitale Systeme besser sind
Digitale Zeiterfassungssysteme lösen diese Probleme automatisch:
- Echtzeit-Erfassung per Terminal oder App
- Automatische Zuordnung zu Kostenstellen
- Unveränderbare Datenspeicherung
- Sofortige Auswertbarkeit
Auch hier gilt: Das System muss GoBD-konform sein. Das bedeutet unter anderem, dass nachträgliche Änderungen nur mit Dokumentation der Änderungsgründe möglich sein dürfen.
Betriebsprüfung: Was Prüfer wirklich prüfen
Wenn der Prüfer kommt, hat er einen klaren Fokus: Er sucht nach systematischen Fehlern, nicht nach Einzelfällen. Die Zeiterfassung ist dabei ein beliebtes Prüffeld, weil sie direkt auf die Lohnbuchführung und die Sozialversicherungsmeldungen einwirkt.
Der typische Prüfablauf
1. Stichproben: Der Prüfer zieht 10-20 Mitarbeitende und prüft deren Zeiterfassung über 3-6 Monate
2. Plausibilität: Er vergleicht erfasste Zeiten mit Projektberichten, Kundenaufträgen oder Produktionsdaten
3. Vollständigkeit: Er prüft, ob alle Zuschläge und Sonderleistungen erfasst sind
4. Systematik: Er sucht nach Lücken, Mustern und systematischen Verstößen
Die häufigsten Befunde
Laut Haufe sind die häufigsten Befunde:
- Zu niedrige Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
- Fehlende Berücksichtigung von Provisionen bei Urlaubsentgelt
- Falsche Berechnung bei Arbeit auf Abruf
- Nicht erfasste Nacht- und Sonntagszuschläge
Bulletpoints: Was du sofort prüfen solltest
- Sind alle Mitarbeitenden täglich und lückenlos erfasst?
- Fließen Provisionen und Zuschläge in Entgeltfortzahlung ein?
- Gibt es klare Regeln für Arbeit auf Abruf?
- Sind nachträgliche Änderungen im Sinne eines GoBD-konformen Audit-Trails dokumentiert?
FAQ
Was bedeutet GoBD für meine Zeiterfassung?
Die GoBD gelten für alle elektronischen Systeme, die steuerlich relevante Daten erfassen. Die Zeiterfassung ist laut IHK-Leitfaden ein solches System. Das bedeutet: Daten müssen lückenlos, zeitnah, unveränderbar und nachvollziehbar gespeichert werden. Manuelle Zettel, die erst Tage später ausgefüllt werden, genügen diesen Anforderungen nicht.
Wie lange muss ich Zeiterfassungsdaten aufbewahren?
Grundsätzlich gelten die steuerlichen Aufbewahrungsfristen: 10 Jahre für Lohnunterlagen und Zeiterfassungsdaten. Das gilt sowohl für digitale als auch für papierbasierte Systeme. Wichtig ist, dass die Daten in diesem Zeitraum jederzeit vollständig und maschinell auswertbar sind.
Kann ich fehlende Daten nachträglich korrigieren?
Ja, aber nur unter strengen Bedingungen. Nachträgliche Änderungen müssen dokumentiert werden: Wer hat wann warum geändert? Ohne diese Dokumentation gelten die Daten als nicht GoBD-konform. Bei systematischen Lücken hilft nachträgliches Auffüllen kaum – das Finanzamt wird das als unglaubwürdig einstufen.
Was passiert, wenn der Prüfer meine Zeiterfassung verwirft?
Die Verwerfung der Zeiterfassung hat Kettenreaktionen: Die Lohnbuchführung gilt als fehlerhaft, das Finanzamt erhält Schätzungsbefugnisse für fehlende Arbeitszeiten, Zuschläge und Sozialversicherungsbeiträge. Das kann zu hohen Nachzahlungen, Zinsen und Strafen führen. In der Praxis bedeutet das oft eine massive Liquiditätsbelastung für kleine Betriebe.
Fazit
Zeiterfassungs-Fehler bei der Betriebsprüfung sind kein Kavaliersdelikt. Sie treffen kleine Betriebe besonders hart, weil hier oft noch manuelle Prozesse herrschen und das GoBD-Risiko unterschätzt wird. Die drei größten Fallstricke – lückenhafte Erfassung, falsche Entgeltfortzahlung und unvollständige Zuschlagsdokumentation – führen nicht nur zu Nachzahlungen, sondern können die gesamte Lohnbuchführung in Frage stellen.
Der nächste logische Schritt ist eine systematische Überprüfung deiner aktuellen Prozesse. Prüfe, ob deine Zeiterfassung GoBD-konform ist, ob alle Entgeltbestandteile korrekt erfasst werden und ob deine Mitarbeitenden wissen, was sie wann dokumentieren müssen. Nur so bist du auf die nächste Betriebsprüfung wirklich vorbereitet.
Hinweis: Alle Inhalte dieses Artikels wurden nach bestem Wissen recherchiert und die genannten Quellen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sorgfältig geprüft. Der Beitrag ersetzt keine individuelle Rechts- oder Steuerberatung; für eine verbindliche Einschätzung wende dich bitte an eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Rechtsanwältin bzw. einen Rechtsanwalt oder deine Steuerberatung.

